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Fachleute eröffnen Sehbehinderten neue Chancen

Folgneder Artikel erschien in der Presse:

Schwäbische Zeitung | 22. September 2014


Fachleute eröffnen Sehbehinderten neue Chancen

Die Scham ist groß und nur wenige Menschen mit Sehbehinderung haben bislang Hilfsmittel genutzt

Alfred Weggel (links) und Marita Bürmann-Eigler (rechts) zeigen beim ABSH-Treffen im Wehinger Schützenhaus der 91-jährigen Paula Winkler aus Bubsheim (Mitte), wie die neuen Vorlesegeräte funktionieren.
Alfred Weggel (links) und Marita Bürmann-Eigler (rechts) zeigen beim ABSH-Treffen im Wehinger Schützenhaus der 91-jährigen Paula Winkler aus Bubsheim (Mitte), wie die neuen Vorlesegeräte funktionieren. FOTO GISELA SPRENG

Von Gisela Spreng

WEHINGEN - Auf Einladung der Allgemeinen Blinden- und Sehbehindertenhilfe ABSH (Kreisgruppe Tuttlingen) haben sich im Schützenhaus Wehingen etwa 20 Menschen mit Seheinschränkungen sowie deren Angehörige getroffen.

Alfred Weggel (46) aus der Sommerrainstraße in Wehingen leitet die Gruppe. Er leidet selbst unter einer starken Seheinschränkung, ist aber trotzdem als Walking-Trainer tätig. Zusammen mit dem blinden Diplom- Sozialarbeiter (FH) Harald Eigler (54) und dessen Frau Marita Bürmann- Eigler (51) aus Dotternhausen versucht er, in einer von neun Selbsthilfe- Gruppen in Baden-Württemberg die Betroffenen und ihre Angehörigen „raus aus dem Schneckenhaus“ der Isolation zu holen. „Wir sind für Sie da und machen Sie stark“ – unter dieses Motto hat sich die ASBH gestellt. Beim Treffen in Wehingen sollen Menschen mit und ohne Behinderung untereinander ihre Erfahrungen austauschen.

Der Großteil der Anwesenden leidet unter einer Makula-Degeneration im fortgeschrittenen Stadium. Zwei ältere Frauen erzählen, wie peinlich es ihnen sei, dass sie im Dorf die Leute nicht mehr erkennen. Man halte sie für arrogant, weil sie Nachbarn und Freunde nicht mehr grüßen würden. „Ich seh‘ zwar, dass mir jemand entgegen kommt, aber ich kann das Gesicht nicht erkennen“, sagt die eine. Die andere erzählt: „Wenn ich an den Gärten vorbeigehe, sehe ich schon, dass da jemand arbeitet, aber ich kann nicht erkennen, wer es ist.“ „Und ich kann nicht mehr einschätzen, ob ein Auto steht oder auf mich zukommt“, klagt ein Mann. „Es ist typisch für die Erkrankung der Makula, dass das zentrale Gesichtsfeld unscharf ist“, erklärt Eigler, der bereits mit 17 Jahren innerhalb weniger Wochen erblindet ist. Was den Sehbehinderten zudem schwer zu schaffen macht, ist ihre eingeschränkte Mobilität. Während blinde und sehbehinderte Menschen in den Städten wesentlich bessere Möglichkeiten hätten, mit Bus und Bahn zu fahren, brauche man auf dem Land eben das Auto, um von A nach B zu kommen – also jemanden, der einen fährt. Trotzdem raten die drei Fachleute den Blinden und Sehbehinderten, sich auf keinen Fall zurückzuziehen, sondern sich zu „outen“ und die Hilfe anderer in Anspruch zu nehmen.

„Schamgrenze“ in Tuttlinger Gruppe besonders groß

Eigler stellt fest, dass die „Schamgrenze“ in der Tuttlinger Gruppe besonders groß ist. „Kaum einer hat bisher bei einem Orientierungsoder Mobilitätstraining mitgemacht oder traut sich mit dem weißen Blindenstock auf die Straße.

Es gibt eine Menge Hilfsmittel für Blinde und Sehbehinderte, die das Betreuer-Trio im Schützenhaus anspricht und vorstellt. In einem Spezialversandkatalog ist alles aufgeführt - vom Lesegerät über Vorlese-Uhren, Füllstandsanzeiger (damit man sich die Finger nicht verbrennt), Lupenbrillen bis hin zur Handy-Software.

Für die Freunde von Hörbüchern stellt Marita Bürmann-Eigler den Daisy-Player vor. Es ist ein Gerät mit großen sprechenden Tasten zur klugen Navigation. Normale Abhörgeräte seien für Sehbehinderte wesentlich komplizierter zu bedienen. Ein Vorlesegerät ist ebenfalls ein tolles Hilfsmittel. Es kann Gedrucktes – nicht aber Handgeschriebenes – vorlesen. „Gell Paula, deine alten Liebesbriefe kann es nicht lesen“, ruft Eigler der 91-jährigen Paula Winkler aus Bubsheim zu, die gerade ein neues Vorlesegerät ausprobiert, weil sie mit ihrem eigenen zu Hause nicht zurechtkommt. Die Stimmung bei Kaffee und Kuchen ist locker und humorig. Auch das Angebot der Einzelberatung wird genutzt. Und es wird darauf hingewiesen, dass man sich beraten lassen kann, um berechtigte Interessen gegenüber den Krankenkassen durchzusetzen.

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