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Bereits im August 2013 war in der Presse zu lesen:

Reutlinger General Anzeiger | 5. August 2013


SPORT - Beim Bogensportverein Steinlach wird eine Sportart mit Helfern fühlend erlernt

Bogenschießen für Blinde: Was alles geht

VON RALF EBER
MÖSSINGEN. Sich blind auf jemanden verlassen können - die Redewendung ist jedermann geläufig. Was es aber bedeutet, sich tatsächlich ohne etwas zu sehen auf einen anderen Menschen verlassen zu können, erfuhren Sehbehinderte, Sehende und Blinde am Samstag auf dem Gelände des Bogensportvereins Steinlachtal im Weiten Hart in Mössingen.

Bogenschießen für Blinde? Im ersten Moment scheint die Vorstellung absurd. Vorstellbar wird die Idee, unterhält man sich mit Hartmut Gerst. Er leitet die Regionalgruppe Neckar-Alb der „Allgemeinen Blinden- und Sehbehindertenhilfe (ABSH)“. Der 56-Jährige wurde mit einem schweren Augenleiden geboren und ist seit zwei Jahren blind. „Ich sehe 20 Zentimeter weit, dann ist Schluss“, sagt Gerst und lacht, als könnte er die verdutzten Gesichter der Sehenden um ihn herum erkennen. Ein solch geringes Sehvermögen scheint ihn nicht zwingend zum Bogenschützen zu machen. Aber der Frührentner aus Mössingen hat den Bogensport schon betrieben, als er noch einen Rest sehen konnte.

Sportgerät wird beschrieben

So kam auch der Kontakt zum Bogensportverein Steinlachtal zustande. Gerst hatte sich an Fred Borthmes gewandt, der mit seiner Frau Gabi immer anzutreffen ist, wenn im Steinlachtal ein Pfeil an eine Sehne gelegt wird. Sie schießen mit Bogen, die keine Visiereinrichtung besitzen. Aber klar, über den Pfeil hinweg ins Ziel (beim Bogensport das Goldene, nicht das Schwarze) blicken er und seine Kameraden auch.

Ganz woanders fängt das Bogenschießen für einen Menschen an, der von Geburt an blind ist, noch nie ein solches Sportgerät gesehen hat. Die Fragen lauten dann: Wie ist ein Pfeil beschaffen? Wo ist die Sehne befestigt? Woraus besteht der Nock-Punkt (um den Pfeil beim Ausziehen an der Sehne zu fixieren)?

Fred Borthmes erklärt es so: „Das Wichtigste ist die Körperwahrnehmung.“ Taktil, also mit dem Tastsinn, erfasst der Blinde, was er wissen will. Das kann auch so aussehen, dass der Anleitende die korrekte Schießhaltung einnimmt und der Sehbehinderte ihn dabei abtastet, sozusagen die Haltung abscannt. Personalintensiv ist die Zusammenarbeit mit Blinden, immer trifft ein Lehrer auf einen Schüler.

Bald schon zischen die ersten Pfeile in Richtung der sechs Meter entfernten Zielscheiben. Erstaunlicherweise verfehlen nur wenige das Ziel und müssen dann, in einer Schießpause, im Gras gesucht werden. „Etwas weiter links, ja so, etwas tiefer, und jetzt lösen“ - blinde Bogensport-Neulinge „verlassen sich blind“ auf Routiniers, und die Ergebnisse können sich sehen lassen. Und ein Selbstversuch des Autors dieser Zeilen zeigt: Der „blind“, aber unter Anleitung abgefeuerte Pfeil traf besser als alle anderen zuvor.

Unter den rund 20 Personen ist auch Marita Bürmann-Eigler. Sie leitet die ABSH-Regionalgruppe Stuttgart, von der auch einige Mitglieder angereist sind. „Sehende brauchen keine Angst vor Blinden zu haben“, wischt sie energisch eventuelle Unsicherheiten weg. Sie muss es wissen, sie selbst ist sehend, ihr Ehemann Harald Eigler ist als 17-Jähriger erblindet und steht der Kreisgruppe Zollernalb vor. Das Miteinander von Sehenden und Blinden ist das große Anliegen der ABSH, Inklusion also auf diesem speziellen Feld.

Als Zehnjähriger erblindet

Hier trifft Marita Bürmann-Eigler, die auch Zweite Vorsitzende des Hilfsvereins ist, auch auf Gerhard Buck aus Ofterdingen, der als Zehnjähriger beim Klettern am Farrenberg abgestürzt war. Den Weg nach Hause hatte er trotz Schädelfraktur noch alleine geschafft, in der Folge war er aber ins Koma gefallen und hatte, als er erwachte, sein Sehvermögen verloren. Buck, heute 53 Jahre alt, der zum ersten Mal mit dem Bogen geschossen hat, versenkte nicht wenige Pfeile im Zentrum. (GEA)

Sehbehindertenhilfe

Die ABSH hat über 300 Mitglieder, die in Baden-Württemberg in Regional- und Kreisgruppen organisiert sind. Sportangebote, aber auch gesellige und informative Aktivitäten, hält der Verein vor, wie etwa am 14. September den Besuch des Finales der Blindenfußball-Bundesliga in Stuttgart. (rab)

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